Die Auswirkungen der radikalen Kürzung von USAID durch die Trump-Regierung hat bereits enorme Auswirkungen. Die betroffenen deutschen Organisationen warten momentan noch ab, wie sich die Lage entwickelt. Das Erdbeben in Myanmar zeigt aber bereits, wie sehr die US-Hilfe fehlt.
Bisher gehörten die USA zu den verlässlichsten Ländern in der Katastrophenhilfe. Durch eine eigene Logistik waren die Amerikaner meist die ersten vor Ort. Doch nach der Zerschlagung von USAID ist das nun völlig anders. Deutlich wird das im Erdbebengebiet von Myanmar, wo die angekündigte Hilfe der USA enorm schleppend anlief. Kein Wunder, denn die drastischen Kürzungen von USAID haben die ehemals schlagkräftige Behörde ins Chaos gestürzt. In Myanmar erhielten sogar mindestens drei im Einsatz befindliche USAID-Hilfskräfte ihre Kündigung. US-Außenminister Marco Rubio begründete gegenüber der Nachrichtenagentur Reuthers sein Vorgehen damit, dass die USA „nicht mehr der weltweit größte Spender sein werden“ und forderte andere Länder auf, den Platz einzunehmen.
Mittlerweile regt sich auch bei den Betroffenen NGO in den USA der Widerstand. Erste Klagen wurden eingereicht, um die Zerschlagung von USAID am Kongress vorbei rückgängig zu machen. Rechtsanwälte rechnen damit, dass das Verfahren allerdings erst vor dem Obersten Bundesgericht der USA entschieden wird.
Situation in Deutschland
Auch viele deutsche Organisationen haben mit USAID zusammengearbeitet. Dabei war es nie einfach, die hohen Anforderungen von USAID zu erfüllen, doch wenn man es geschafft hatte, war es eine sehr konstruktive Zusammenarbeit. Auch weil USAID immer auch Strukturen und nicht nur Projekte förderte.
Internationale Hilfsorganisationen berichten, dass durch den Förderstopp direkt und indirekt unzählige humanitäre Programme betroffen sind. Zum Beispiel rechnet die afrikanische Gesundheitsbehörde Africa CDC mit zwei bis vier Millionen Toten durch Rückschritte in der Gesundheitsversorgung. Es gibt bereits umfassende Versorgungsausfälle im Sudan, Syrien, Gaza und der Ukraine. Zudem sind auch die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte in den Bereichen Bildung, Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit und Demokratie gefährdet. Konkrete Auswirkungen zeigen sich auch bei deutschen Mitgliedsorganisationen von VENRO, dem Verband der deutschen Entwicklungshilfe-Organisationen. So können beispielsweise ein geplantes Projekt zu Ernährungssicherheit in Simbabwe, das über 74.000 Menschen erreicht hätte, und ein Projekt zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern in Rumänien nicht gestartet werden.
„Hier kommt gerade ein komplettes System zum Erliegen, das Menschen in Krisen- und Katastrophenregionen ihr Überleben sichert“, sagt Michael Herbst, VENRO-Vorstandsvorsitzender. „Wir, die reichen Geberländer, müssen jetzt schnell handeln, um die schon jetzt katastrophalen Folgen wenigstens dort, wo akut Menschenleben bedroht sind, abzufangen.“ Meike Riebau, Abteilungsleiterin für Advocacy und Policy bei „Save the Children“ befürchtet gegenüber dem ZDF, dass wegen der wegfallenden Förderung für Myanmar durch die USA viele Kinder kein Essen bekommen und Schulen geschlossen und Gesundheitsprogramme beendet werden müssen.
Welthungerhilfe befürchtet Tote
Die Welthungerhilfe arbeitet bereits länger mit USAID zusammen. Etwa fünf Prozent ihrer Mittel stehen nun auch auf der Streichliste. Zum einen gibt es konkrete Projekte, die nicht mehr weiter finanziert werden. Da ist etwa ein Ernährungsprojekt in der Zentralafrikanischen Republik, in dem eigentlich die Verteilung von Saatgut an Kleinbäuerinnen vorgesehen war. Die Aussaat hat nicht stattfinden können, und damit wird es in einigen Monaten auch keine Ernte geben können, die für die Ernährung der Familien wichtig gewesen wäre. Zum anderen hat der abrupte Zahlungsstopp auch zu einer ungeheuren Verunsicherung und Kündigungswelle bei den lokalen Partnern der Welthungerhilfe geführt. „Das wird langfristige Auswirkungen haben, denn so geht Fachwissen und Vertrauen verloren. Die Zusammenarbeit mit lokalen Strukturen ist eine der wichtigsten Elemente, um dauerhafte Wirkung zu erzielen“, befürchtet Simone Pott, Pressesprecherin der Welthungerhilfe.
Noch drastischere Auswirkungen werden aber durch die USAID-Kürzungen beim Welternährungsprogramm (WFP) befürchtet: Der Abbau beeinträchtigt jetzt schon die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln in humanitären Notlagen. „Durch die neuen Kürzungen von WFP-Programmen in Ländern, in denen akuter Hunger herrscht, sind Menschenleben bedroht. Die Nahrungsmittelhilfen, die nun eingestellt werden müssen, sind wichtige Lebensadern in Krisengebieten. Die Welthungerhilfe verteilt als Partner des WFP in vielen Ländern diese Überlebenshilfe. Das Ende solcher Programme wird den Hunger weltweit noch mehr verschärfen“, prognostiziert Pott.
Deutsche Organisation hoffen noch
Insofern ist es schon verwunderlich, wie abwartend viele deutsche Organisationen sind. Vielleicht liegt es daran, dass die Lage noch so unklar ist. Wird die Zerschlagung von USAID vor den Gerichten Bestand haben? Wie wird dann der republikanisch dominierte Kongress, der ja eigentlich USAID beaufsichtigt und ins Leben gerufen hat, reagieren?
Einige hoffen wohl auch wenigsten unter den Programmen zu sein, die vom Auswärtigen Amt in Washington fortgeführt werden. Doch auch da gab es gerade einen Dämpfer. Denn USAID verschickte an die Organisationen Fragebögen, dessen Inhalt darauf hindeuten könnte, dass Programme, die beispielsweise sexuelle Aufklärung oder Verhütung zum Ziel haben oder mit WHO oder UNO zusammenarbeiten, künftig nicht mehr gefördert werden sollen. Für die Welthungerhilfe ist der „Fragebogen“ sehr undurchsichtig. „Wir haben verschiedene Schreiben erhalten mit nicht immer eindeutigen Fragen. Leider gab es keine Möglichkeit, Rückfragen zu stellen oder mit Mitarbeitern bei USAID zu sprechen und Unklarheiten zu klären“, bedauert Pott. Als erstes hatte „Politico“ über den Fragebogen berichtet. Dem Guardian liegt der Fragebogen auch vor, der eine klare Haltung der US-Administration zum Ausdruck bringt: America first, und der Rest der Welt ist uns egal.
Bildquellen
- Hände mit Nahrung: USAID