Katarzyna Rychlewicz-Saad arbeitet seit Anfang 2024 für das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland als Bereichsleiterin Philanthropie. Vorher war sie lange Zeit für die Roten Nasen Deutschland e.V. aktiv. Mit uns sprach sie über einen Neustart im Fundraising, über Weiterbildung und die Anforderungen an moderne Fundraiserinnen und Fundraiser.
Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland, kurz CJD, ist in sehr vielen Bereichen unterwegs. Können Sie uns skizzieren, was das CJD macht?
Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland gibt es jetzt schon seit 75 Jahren. Wir feiern bald Jubiläum, und wir sind mittlerweile einer der größten Bildungs- und Sozialorganisationen in Deutschland. Tatsächlich begleiten wir jährlich über 155.000 Menschen, von der Kindheit bis in das Erwachsenenalter auf ihrem individuellen Bildungs- und Lebensweg. Und da setzen wir uns vor allem für eine Zukunft ein, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, sich frei zu entfalten und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Das hört sich nach einem großen Netzwerk an.
Richtig, wir haben über 350 Standorte, deutschlandweit. Dazu gehören die Christophorus-Schulen, Berufsbildungswerke, Kindergärten, Produktionsschulen für Menschen mit Behinderungen und zahlreiche Wohngruppen. Eine unserer bekanntesten Einrichtungen ist das zu den Christopherusschulen gehörende Sportinternat in Berchtesgaden, dass tatsächlich schon Spitzensportler hervorgebracht hat. Dort werden aber auch Jugendliche mit Asthma und Diabetes unterstützt und ausgebildet. Also eine breite Palette an Projekten und an Themen.
Sie sind 2024 von den Roten Nasen, eher eine junge Organisation, zum CJD gewechselt. Wo liegt der Unterschied im Fundraising?
Das Fundraising war bei den Roten Nasen viel ausdifferenzierter. Neben den anderen Strukturen und Themen sind wir beim CJD gerade in einem echt mutigen Neuanfang im Fundraising. Da ist der Kommunikationsbedarf mit den jeweiligen Verbünden, mit den Gesamtleitern, mit den Mitarbeitenden vor Ort sehr wichtig. Deswegen haben wir für diesen Neustart auf zwei Säulen für das Fundraising gesetzt. Die erste Säule sind zentrale Expertinnen und Experten. Dazu gehöre auch ich im Bereich Großspenden und Erbschaftsmarketing. Und wir haben auch regionale Fundraiser, die für die Verbünde vor Ort zuständig sind. Sie sind sozusagen unser Sprachrohr zu den Verbünden und die Schnittstelle zum zentralen Fundraising.
Diese neuen Strukturen werden auch Investitionen verlangen. Wie ist das Thema Fundraising beim CJD verankert?
Das Thema Fundraising ist beim CJD natürlich nicht ganz neu. Unser sehr progressiver Vorstand hat es verstanden, dass dieses Thema aber für die Zukunftsfähigkeit einer Organisation wie unserer sehr wichtig ist und dann eine Entscheidung für einen deutlichen Ausbau getroffen. Uns war klar, dass die staatlichen Mittel nicht mehr ausreichen werden, um die Projekte auf dem Niveau zu erhalten. Dass beim CJD dann aber so stark in den Personalaufbau im Fundraising investiert wurde, halte ich schon für außergewöhnlich im Fundraising. Es werden sukzessive neue Stellen geschaffen, vor allem im regionalen Fundraising, aber natürlich auch bei den zentralen Expertinnen und Experten. Da geht es auch um Bereiche wir Unternehmenskooperation, privates Fundraising, staatliche Fördermittel, Stiftungsfundraising und auch Kommunikation. Das bringt natürlich große Herausforderungen mit sich.
Welche sind das?
Gutes Personal wächst leider nicht so schnell nach, auch wenn wir uns das manchmal wünschen würden. Dabei kommt es uns nicht mal so stark auf die fachliche Qualifikation an. Eher auf Menschen, die analytisch denken, kreativ, offen und überzeugend kommunizieren und richtige Teamplayer sind und gleichzeitig gerne mit Zahlen jonglieren. Das ist aber eine eher seltene Kombination. Aktuell haben wir bis jetzt ein tolles Team aufgebaut, und es wächst immer weiter und weiter. Wir suchen nach wie vor noch neue Teammitglieder.
Ist die Position, die Sie jetzt besetzen, als Leiterin Philanthropie auch Ihre erste Leitungsposition?
Ja, das kann man so sagen. Ich hatte bei den Roten Nasen drei Bereiche verantwortet, die ich dort selbst aufgebaut haben: das Stiftungs-, Erbschafts- und Großspendenfundraising. Beim CJD kümmere ich mich um die Weiterentwicklung des Privatspenderfundrasings mit dem Augenmerk auf die Großspenden und Testamentspenden. Ich unterstütze unsere regionalen Fundraiser und habe aktuell auch noch eine zusätzliche teilweise Verantwortung für das Direktmarketing. Ich arbeite sehr, sehr viel strategisch, aber auch operativ. Gerade entwickle ich viele passende neue Formate, um Spenderinnen und Spender perfekt anzusprechen. Eine tolle vielseitige Aufgabe, die mir viel Spaß macht. Natürlich bin ich auch für den direkten Austausch mit den Spenderinnen verantwortlich. Nächste Woche treffe ich beispielsweise eine Großspenderin.
Was tut der CJD, um seine Fachkräfte fortzubilden?
Wir bieten unseren Kolleginnen und Kollegen an, sich aktiv Weiterbildungsangebote zu suchen und diese wahrzunehmen. Ein Kollege hat an der Fundraising Akademie die Fundraising Managerausbildung letztes Jahr gemacht, eine andere Kollegin wiederum eine Weiterbildung zur Großspenden-Fundraiserin. Auch ich habe die Möglichkeit und nutze das auch gerne, um mich dann weiterzubilden, denn die Fundraisingbranche entwickelt sich sehr dynamisch. Ständig kommen immer wieder neue Trends. Deswegen ist Weiterbildung enorm wichtig. Zum Glück sieht das unser Arbeitgeber genauso, wofür wir dankbar sind. Wir vertreten beim CJD die Meinung, dass, wer in Weiterbildung investiert, die Expertise im Haus hat und nicht teuer extern einkaufen muss.
Darüber hinaus schöpfen wir natürlich auch aus den Erfahrungen im Team. Ich habe zum Beispiel neulich mit einer Kollegin ein Telefontraining für Gespräche mit Großspenderinnen und Großspendern gemacht. Ich lerne wiederum auch von meinen anderen Kollegen, zum Beispiel aus dem technischen Bereich. Da war beim CJD für mich Einiges neu in der digitalen Zusammenarbeit. Ich habe in den vergangenen 14 Monaten unglaublich viel gelernt.
Womit beschäftigen Sie sich aktuell im Fundraising?
Aktuell arbeiten wir mit dem Team unter anderem an der Definition unserer Personas und deren richtiger Ansprache. Dazu gehört dann auch ein optimaler Dank-Workflow. Das Strategische liegt mir ja. Aber ich freue mich dann auch endlich, und dafür brenne ich mit Herz und Seele als Fundraiserin, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, ihnen vom CJD zu erzählen und für unsere Projekte zu begeistern. Künftig wollen wir auch in das Alumni-Fundraising einsteigen und gezielt ehemalige und Eltern ansprechen.
Bildquellen
- Katarzyna Rychlewicz-Saad: privat