KI schafft Freiraum für echte Begegnungen

Andrea Gehringer-Stock

Andrea Geringer-Stock ist Fundraiserin im Caritasverband für den Bezirk Limburg e. V. An der Fundraising-Akademie erlangte sie ihren Master mit einer Arbeit über die Akzeptanz von KI-Texten bei Spenderinnen und Spendern. Wir sprachen mit ihr darüber und über ihre Ausbildung.

Deine Masterarbeit an der Hochschule Ludwigshafen und der Fundraising-Akademie beschäftigt sich mit KI. Warum war das für dich ein Thema?

Ich habe selbst oft erlebt, wie groß die Diskrepanz zwischen Anforderungen und Ressourcen im Fundraising ist. Spenderinnen und Spender erwarten eine professionelle und zugleich vertrauensvolle Ansprache. Häufig fehlen dafür jedoch die zeitlichen Ressourcen, und das führt zu hastig abgearbeiteten Prozessen. Uns Fundraiserinnen und Fundraisern bleibt in der Kommunikation immer weniger Zeit, auf die individuellen und zwischenmenschlichen Bedürfnisse der uns unterstützenden Personen einzugehen.

Da habe ich mich gefragt: Wie kann KI uns bei Routineaufgaben entlasten, damit wir uns stärker auf die Beziehungspflege konzentrieren können.

Was hast du untersucht?

In meiner Masterarbeit habe ich untersucht, inwieweit KI ein sinnvolles Werkzeug zur Unterstützung in der Fundraising-Kommunikation sein kann. Dabei habe ich mich auf drei Aspekte konzentriert: Erkennung, Bewertung und Akzeptanz.

Bei der „Erkennung“ geht es darum, ob Spenderinnen und Spender überhaupt einen Unterschied zwischen von KI und Menschen erstellten Texten erkennen können. Dafür habe ich einen Turing-Test durchgeführt. Dieser prüft, ob KI inzwischen derart gute Spendentexte erstellt, dass diese nicht mehr von Texten unterscheidbar sind, die ein Mensch erstellt hat.

Bei der „Bewertung“ wurde untersucht, wie gut die KI-generierten Spendentexte im Vergleich zu menschlich verfassten Texten beurteilt wurden. Es geht also um die Leistungsstärke von KI im Vergleich zum Menschen in der Fundraising-Kommunikation.

Der Aspekt der „Akzeptanz“ konzentrierte sich darauf, wie offen Menschen dem Einsatz von KI in der Fundraising-Kommunikation gegenüberstehen.

Was war das Ergebnis?

Die Ergebnisse meiner Online-Studie mit knapp 200 Teilnehmenden war überraschend deutlich. In Punkto „Erkennung“ stellte sich heraus, weniger als die Hälfte der Teilnehmenden (42 %) konnten in einem Blindtest unterscheiden, ob der Text von einer Maschine oder einem Menschen verfasst worden war. Auch beim Fundraisingtag Berlin-Brandenburg, wo ich meine Ergebnisse vorstellte, hatten die Profis Schwierigkeiten, das auseinanderzuhalten. In der Wahrnehmung der Spenderinnen und Spender macht es also kaum einen Unterschied. Damit hat Chat GPT den Turingtest klar bestanden. Mit anderen Worten: Chat GPT ist in der Lage, Spendentexte auf einem solchen Niveau zu verfassen, dass sie nicht mehr von menschlich verfassten Spendentexten unterscheidbar sind.

In Bezug auf den Aspekt der „Bewertung“ stellte sich eine klare Überlegenheit von KI gegenüber vom Menschen erstellten Spendentexten heraus: Sowohl in Bezug auf Klarheit, Verständnis, Nützlichkeit und Spendenbereitschaft erhielten KI-generierte Spendentexte eindeutig bessere Ergebnisse als menschliche Spendentexte.

Diese Ergebnisse wurden auch im Bereich der „Akzeptanz“ bestätigt. Spenderinnen und Spender finden es absolut in Ordnung, wenn KI im Fundraising unterstützend eingesetzt wird, sei es bei der Erstellung von Spendentexten oder auch bei der Auswertung von Spendendaten. Sie fordern allerdings, dass der Einsatz von KI klar gekennzeichnet wird und der Datenschutz gewährleistet ist.

Du würdest also KI-Nutzung im Fundraising empfehlen?

Ja, aber als Werkzeug, nicht als Ersatz. KI ist wie ein Assistent, hilfreich für Entwürfe, Varianten und Ideen. Die Verantwortung bleibt beim Menschen. Fundraising lebt von Beziehungen, und die kann keine Maschine ersetzen. Richtig eingesetzt schafft KI den Freiraum für das Wesentliche: echte Begegnungen.

Wo siehst du Grenzen oder sogar Gefahren?

Die größte Gefahr sehe ich, wenn KI unreflektiert eingesetzt wird. Das nenne ich gerne „KI-Naivität“. Ein unreflektierter Einsatz kann dazu führen, dass Texte austauschbar oder floskelhaft wirken. Zudem macht KI auch Fehler, sogenannte „Halluzinationen“. Deshalb dürfen Texte von KI nicht einfach leichtfertig übernommen werden. Vor allem dürfen wir nie vergessen: KI hat keine echten Werte. Sie spiegelt nur Muster aus ihrem Trainingsmaterial wider. Die Verantwortung für Haltung, Ethik und Kommunikation bleibt immer bei uns Fundraiserinnen und Fundraisern.

Wann ist eine NGO „KI-Ready“?

Meiner Meinung nach betrifft eine KI-Readyness drei Ebenen einer NPO, die Organisation, die beteiligten Mitarbeitenden und die rechtlichen Rahmenbedingungen. In Bezug auf Organisation ist eine NPO „KI-Ready“, wenn sie über ein klares Wertefundament verfügt und zusätzlich in eine verbindliche KI-Richtlinie etabliert, an die sich alle halten. So entstehen Orientierung und klare Spielregeln für den Einsatz von KI.

Die Teams einer NPO müssen vorher geschult sein, Möglichkeiten und Grenzen von KI zu kennen und Ergebnisse kritisch einzuordnen. Nur so bleibt die Qualität der Kommunikation gesichert. Zuletzt muss eine NPO sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen im Klaren sein. KI darf nur eingesetzt werden, wenn Datenschutz im Sinne der DSGVO und die Vorgaben der EU-KI-Verordnung eingehalten werden. Dazu gehören auch sichere Datenprozesse und die transparente Kennzeichnung von KI-Einsatz gegenüber Förderinnen und Förderern.

Wie war dein Eindruck vom Masterstudium der Fundraising-Akademie an der Hochschule Ludwigshafen?

Das Masterstudium war für mich eine große persönliche und fachliche Bereicherung. Besonders wertvoll war der Austausch mit Kommilitoninnen und anderen Fundraisern. Wir haben voneinander gelernt, Erfahrungen geteilt und uns gegenseitig inspiriert. Während des Studiums habe ich insbesondere die Herausforderung gespürt, die berufsbegleitende Doppelbelastung – einerseits Präsenz- und Seminarphasen, andererseits Selbststudium und berufliche Verpflichtungen – zu managen. Dennoch war gerade diese Kombination der Theorie mit realen Praxisfragen im Bereich Fundraising und Philanthropie für mich genau richtig, um das Gelernte unmittelbar in meine Arbeit einfließen zu lassen. Ich kann den Studiengang deshalb allen empfehlen, die sich im Non-Profit-Sektor weiterentwickeln möchten und bereit sind, Zeit und Engagement mitzubringen.

Bildquellen

  • Andrea Gehringer-Stock: Jakub Kaliszewski

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