Kampagnen sind für Non-Profit-Organisationen wichtiger Bestandteil für Veränderung in unserer Gesellschaft und die Erreichung von Zielen. Fachkräfte zu bekommen, die das können, ist nicht einfach. Erfolgreiche Kampagnen der letzten Jahre zeigen aber, dass es nicht unmöglich ist.
Fenya Kirst ist erst seit anderthalb Jahren bei der Münchner NGO „Protect the Planet“, und man spürt bei ihr im Gespräch eine große Leidenschaft für den Klimaschutz. Die Organisation ist recht klein und besteht nur aus fünf angestellten Personen. Ihr Erfolgsgeheimnis ist Kollaboration, die Zusammenarbeit mit vielen anderen NGOs, um ihr Ziel von mehr Klimaschutz zu erreichen. „Wir nutzen dafür den größten Hebel, um Erfolg zu haben: Wir klagen Klimaschutz ein.“ Da die Protect the planet gGmbH nicht selbst als Verband klagen kann, wie etwa die Deutsche Umwelthilfe, muss sie sich mit Anderen zusammentun.
Klagen als Hebel für Veränderung
Angefangen hat das 2018, als der „People’s Climate Case“ beim Europäischen Gerichtshof (EUGH) eingereicht wurde. Das war die erste europäische Klimaklage. Diese wurde zwar verloren, war aber wegweisend für das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2021, was dem Klimaschutz in Deutschland Verfassungsrang einräumte und international für viel Aufmerksamkeit sorgte. Aktuell beteiligt sich „Protect The Planet“ an einer Klage gegen ein Pestizid, das sehr klimaschädlich ist und unterstützt den BUND bei einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht für eine bessere Naturschutzgesetzgebung.
Doch wie schafft es eine so kleine Organisation, sich mit so großen Gegnern wie der Bundesregierung oder Konzernen anzulegen? Die Erklärung heißt Kampagne. Auch hier setzt die Organisation auf Vernetzung. „Viele NGOs, viele Organisationen stehen ja auch in Konkurrenz zueinander um Spendengelder, um Aufmerksamkeit, was auch immer. Wir wollen da Brücken bauen und schauen, dass wir lokale Netzwerke knüpfen und sie so stärker machen. Gerade auf lokaler Ebene können ganz viele Menschen, Vereine und Initiativen, die sich vernetzen den Unterschied machen“, ist Kirst überzeugt.
Ein Beispiel ist der „Windrat“. Eine Initiative von „Protect the Planet“, die den Windkraftausbau in Deutschland massiv vorantreiben will. Gemeinsam mit Umweltorganisationen, Energie- und Klimaschutzagenturen der Bundesländer, Wirtschaftsunternehmen, Verbänden sowie Vereinen. Auch Aufklärungskampagnen der Bevölkerung, beispielsweise zum sogenannten „Infraschall“ bei Windrädern werden da gefahren, um die Bevölkerung positiv zu beeinflussen. Denn jede Kampagne braucht ein Ziel und Ideen, wie dieses Ziel zu erreichen ist.
Kampagne und Fundraising
Einer der größten Erfolge der Münchner NGO war 2019 das Volksbegehren in Bayern „Rettet die Bienen“, das „Protect The Planet“ maßgeblich unterstützt hat. „Deswegen rufen heute noch Leute an“, freut sich Fenya Kirst über den Erfolg. Offiziell hieß es eigentlich ganz anders: Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“ und beinhaltete einen Entwurf zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes. Über 1,7 Millionen Wahlberechtigte hatten sich vom 31. Januar bis zum 13. Februar 2019 in ihren Rathäusern dafür eingetragen. Die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl von mindestens 25.000 „ Protect the Planet“ stemmte damals die Anschubfinanzierung für die Kampagne. Was zeigt, wie wichtig auch das Zusammenspiel zwischen Kampagne und Fundraising ist.
Doch ein Problem gibt es immer wieder. Wo findet man talentierte Marketing- und Kommunikationsfachleute, die solche Kampagnen zum Erfolg führen können? Denn hier geht es um Öffentlichkeitsarbeit und die geschickte Platzierung von geframten Aussagen, die das Kampagnenziel stützen. Bis vor wenigen Jahren gab es noch keine Ausbildung für Campaigner. Auch hier setzten sich Organisationen wie Germanwatch, Campact und „Protect the Planet“ zusammen und entwickelten gemeinsam mit der Fundraising Akademie die Campaigningschool.
Fachleute fehlen
Viele Organisationen suchen ja gut ausgebildete und erfahrene Fachkräfte, aber oft scheitert ein Engagement an den finanziellen Mitteln. „Ich denke, viele Menschen möchten sich gern für die gute Sache einsetzen. Und gerade kleinere NGOs haben viele Ehrenamtliche, die total fit sind, aber noch etwas mehr Rüstzeug im Campaigning brauchen. Dafür ist die Campaigningschool der perfekte Ort“, sagt Fenya Kirst. Sie muss das wissen, hat sie doch den Kurs selbst besucht.
Der Jahrgang mit Fenya Kirst hatte noch drei Präsenztermine, heute sind es zwei und noch weitere Online-Termine. Für Fenya Kirst war das gerade die Stärke des Kurses, so viele verschiedene Menschen persönlich kennenzulernen, die sich für die gute Sache einsetzen. Diesen Spirit und auch diese Verbindung nützen ihr noch heute: „Die Stimmung war super. Wir hatten eine Social-Media-Managerin aus einer Frauenrechtsorganisation, wir hatten kirchliche Träger, wir hatten eine Anti-Atom-Aktivistin mit dabei, jemanden von einem sozialen Träger, ich aus dem Klimaschutz. Das war großartig, und ich konnte so mein Netzwerk ganz signifikant ausbauen und hatte einen sehr wertvollen Erfahrungsaustausch“, beschreibt sie ihre Eindrücke.
Campaigningschool vermittelt Praxiswissen
Besonders Christoph Bals von Germanwatch hat sie als Referent beeindruckt. „Da war ich schon ein wenig ehrfürchtig, denn dieser Mann ist ein großer Name in der Szene und ein ganz, ganz wichtiger Stratege der ganzen Klimabewegung.“ Auch die Kollegen von Correctiv, die das Potsdamer Treffen von identitären Rechten und der AfD aufgedeckt hatten, was anschließend zu Massenprotesten führte, gaben ihre Erfahrungen weiter. „Allein so hochkarätige Menschen mal da zu haben, ist etwas völlig anderes, als nur aus dem Textbuch zu lernen, was man eigentlich machen soll. Das gibt viel Kraft und viel Motivation“, freut sich Kirst über diese Erfahrungen.
Der aktuelle Kurs der Campaigningschool startet am 3. Juni in Berlin. Eine Anmeldung für die letzten Plätze ist noch möglich. Referenten sind unter anderem Christoph Bals von Germanwatch e.V., Volker Gaßner von Vier Pfoten und Lasse Künzer von Greenpeace. Ebenfalls dabei ist Dr. Rhoda Verheyen. Die Rechtsanwältin führt gerade den Klimaprozess gegen RWE. Für Kursleiterin Beate Haverkamp vom Conversio-Institut ist klar, warum man dabei sein sollte: „Unsere demokratische Gesellschaft braucht Auseinandersetzung miteinander, um sich zu entwickeln. Kampagnen zu den Themen Politik, Umwelt, Bildung, Chancengleichheit und so weiter sind dafür ein gutes und wirksames Instrument. Zu lernen, wie diese aufgebaut und durchgeführt werden, um eine gesellschaftsverändernde Wirkung zu erzielen, ist ein Wissensschatz, den ich allen Menschen wünsche, die mit viel Herzblut, Mut und Zeit die Welt zu einem besseren Ort machen wollen.“
Bildquellen
- Klimaschutz Demonstration: Pexels, Karolina Grabowska