Mittlerweile ist das Bild klarer: Durch den Wegfall der Milliarden für die internationale Hilfe aus den USA könnte Deutschland bald der größte Geber in diesem Bereich sein. Doch auch die Bundesregierung will Gelder für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe kürzen.
Zunächst kann aufgeatmet werden. Es wird weiterhin ein Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geben. Die CDU/CSU konnte sich hier nicht durchsetzen, auch, weil es aus den eigenen Reihen Kritik an dem Vorhaben gab. Neue Bundesentwicklungsministerin ist Reem Alabali Radovan, die diplomatisch betont: „Nie war wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung so wichtig wie heute, und es ist ein wichtiges Signal, dass Deutschland sich weiter international als treibende Kraft einsetzt. Wir wollen die öffentlichen Entwicklungsleistungen stark aufstellen.“
Deutschland kürzt auch
Was „stark“ heißt, kann man dem Entwurf auf der Website Bundeshaushalt digital entnehmen. Dort wird schnell klar, dass auch Deutschland dieses Jahr wieder weniger Geld für diesen Bereich ausgeben will. Seit 2022 sinkt die Finanzierung dieses Ministeriums stetig.
Und das in dieser Situation. Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe stehen gerade weltweit unter Druck. Viele Staaten haben bereits gekürzt. Laut der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) ist das Volumen für „ODA” (Official Development Assistance) im letzten Jahr um über sieben Prozent gefallen. Das klingt überschaubar, bedeutet aber ein Minus von 16 Milliarden US-Dollar, die nicht mehr zur Verfügung standen.
USA fällt als Geberland aus
Mit der Zerschlagung von USAID und damit dem Ausfall des größten Gebers in diesem Bereich erwarten jetzt Experten noch drastischere Kürzungen. Die OECD geht von bis zu 17 Prozent aus. Das wären etwa 38 Milliarden US-Dollar. Die US-Regierung plant laut des Fachjournals Welternährung, „ihre Ausgaben für internationale Angelegenheiten um 85 Prozent zu kürzen. 31 Milliarden Dollar sollen gekürzt und 21 Milliarden Dollar storniert werden.“ Gekürzt wird etwa beim Anti-AIDS-Programm PEPFAR, und zwar um 1,8 Milliarden Dollar, und die Impfallianz GAVI wird gar keine Unterstützung mehr erhalten. Das Programm freiwillige Rückkehr von Migranten wird dafür von 100.000 Dollar auf 1,5 Milliarden Dollar aufgestockt. Zum Vergleich: Die Gesamtausgaben der USA lagen 2024 bei 63,3 Milliarden US-Dollar, die Deutschlands bei 32,4 Milliarden US-Dollar.

NGO warnen
Die deutschen Kürzungen werden deshalb von warnenden Worten der NGO begleitet: „Das wäre ein fataler Schritt für Millionen von Kindern und Familien, deren Überleben von medizinischer Versorgung oder von Zugang zu Nahrungsmitteln abhängt“, erklärt Joshua Hofert, Vorstandssprecher von Terre des Hommes beispielsweise zu dieser Entwicklung. Deutliche Kritik kommt auch vom Dachverband der entwicklungspolitischen und humanitären Nichtregierungsorganisationen VENRO: „Es muss klar gesagt werden, dass Deutschland mit Blick auf eingegangene internationale Verpflichtungen hier gar nicht wirklich sparen kann“, stellt Michael Herbst fest, Vorstandsvorsitzender von VENRO. Es sei schlicht unverantwortlich, Einsparungen in Aussicht zu stellen, wenn die Gelder dringender denn je gebraucht werden. „Die Bedarfe in der humanitären Hilfe müssen ebenfalls gedeckt werden“, ergänzt Herbst. „Der stark gekürzte Haushaltsentwurf für 2025 kann dabei auf gar keinen Fall die Messlatte sein, wenn wir auf die vielen Krisen dieser Welt mit angemessener Hilfe reagieren wollen.“
Spenden stopfen die Löcher nicht
Dass diese Summen nicht mit Spenden aufgefangen werden können, ist auch klar. Gerade die internationale Hilfe muss sich seit Jahren rechtfertigen, obwohl sie sehr genau und transparent dokumentiert, wofür Gelder ausgegeben werden. Dass die Gen Z anteilig am meisten für langfristige Entwicklungszusammenarbeit ausgibt, ist eine gewissen Hoffnung. Das Thema der Gerechtigkeit mit dem globalen Süden ist da angekommen. Leider verfügt diese junge Zielgruppe aber nicht über die nötige Finanzkraft. Schon gar nicht, um solche Milliardensummen aufzubringen.

Michael Herbst warnt die deutsche Regierung wegen der geplanten Kürzungen deshalb vor den Folgen. Denn durch die stark steigenden Ausgaben bei der Armutsbekämpfung, im Klimaschutz oder in der humanitären Hilfe zeichnet sich eine deutliche Unterfinanzierung und damit ein Ausfall der Hilfe in diesen Bereichen ab. „Gerade jetzt braucht es eine starke und verlässliche internationale Zusammenarbeit.“ Als Exportnation sei Deutschland auf gute Beziehungen und globale Stabilität angewiesen. Die deutsche Wirtschaft profitiert von einem guten Ruf und belastbaren Beziehungen in Ländern des Globalen Südens. Das sichert Arbeitsplätze auch bei uns.“ In einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigten Wissenschaftler des Kiel Institut für Weltwirtschaft zudem gerade erst auf: Jeder investierte US-Dollar in Krisenprävention spart am Ende 25 US-Dollar bei der Krisenbewältigung ein. „Es braucht also politische Weitsicht und keine populistischen Kürzungsdebatten“, so Herbst.
Bildquellen
- Infografik Geberländer: OECD 2025
- Spendenzwecke: DFRV, bonsai
- Einschnitte bei der Entwicklungshilfe: MD